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Der Heilige Remigius in Poschiavo

Der Heilige Remigius in Poschiavo

Vor vielen Jahrhunderten herrschte König Chlodwig über das Frankenreich. Er war mürrisch, wild und betete heidnische Götzen an. Seine Gattin Chrodechild hingegen war zum Katholizismus übergetreten. Immer wieder bat sie ihren Mann, ihrem Beispiel zu folgen, doch vergebens.

Als sie ihren ersten Sohn geboren hatte, berief Chrodechild den frommen Einsiedler Remigio an den Königshof, damit dieser den Sohn taufe. Dies erzürnte den König und die heidnischen Priester. Als der schwächlich geborene Junge nach nur wenigen Tagen starb, wurde der König noch wütender und befahl, Remigio zu verhaften.

Die göttliche Vorsehung hatte den frommen Remigio jedoch zu grossen Taten auserkoren. Zunächst gelang es ihm zu entwischen, doch Chlodwigs Männer folgten ihm durch Berge und Täler bis ins Puschlav, genauer bis nach Miralago, einem kleinen Dorf südlich des Sees in Le Prese. Hier wäre Remigio seinen Verfolgern in die Hände gefallen. Doch plötzlich umgab ihn eine übermenschliche Kraft und mit einem wundersamen Luftsprung wurde er in die Höhe befördert. Auf einer überhängenden Felswand in 1’800 Metern Höhe über dem See fand er sich wieder, zwei Stunden Fussweg von der Stelle entfernt, an der man ihn festnehmen wollte. Auf dem Felsen bei Caneu, wo er zum Sprung angesetzt hatte, sind noch heute seine Fussabdrücke zu sehen.

Remigio flüchtete sich in eine Höhle an einem steilen Hang weit über dem Talboden, eine Stelle, die nur mutige und gebietskundige Männer erreichen konnten. Hier lebte also «Romerio», wie er von den Einheimischen genannt wurde. Er führte ein bescheidenes Leben und gab den Bewohnern des Puschlavs alles Gute, was er ihnen geben konnte. Viele Jahr verbrachte er zurück-gezogen in der Höhle und betete zu Gott.

Jahre später gebar Königin Chrodechild wieder einen Sohn und auch diesmal liess sie Remigio rufen, damit er den Neugeborenen taufe. Auch der zweite Nachkomme war anfangs sehr schmächtig, doch er erholte sich bald und wurde stark und mutig wie ein Fels. Als König Chlodwig gegen die alemannischen Barbaren in den Krieg ziehen musste, versprach er seiner Frau, an den Gott der Christen zu glauben, wenn er die Invasoren besiegen würde. Und er besiegte sie tatsächlich. Er hielt sein Versprechen und erinnerte sich an Remigio. Nun wollte auch er, dass der fromme Einsiedler ihn und seine Soldaten tauft und so machten sie sich von Gallien aus auf den langen Weg ins Puschlav. Als sie jedoch an der Felswand über dem See mit Remigios Höhle ankamen, stellten sie fest, dass sie das Tauföl vergessen hatten.
In diesem Moment flog eine Taube heran, in ihrem Schnabel hielt sie eine mit Öl gefüllte Amphore. Der Legende nach wurde dieses Öl über viele Jahrhunderte verwendet, um die Frankenkönige in der Kathedrale von Reims zu krönen.

In Gedenken an den frommen Einsiedler errichteten die Einheimischen über Remigios Höhle die kleine Kirche San Romerio, die noch heute liebevoll auf das Tal und seine Bewohner hinabblickt.

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