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Der Zauber und die Kinder von Campocologno

Zur Zeit der Feen, der Zauberer und der Kobolde, die im Wald wohnten und ihre langes Leben je nach Veranlagung damit verbrachten entweder den Menschen Gutes zu Tun oder aber ihnen zu schaden, lebte ein kleiner, launiger Zauberer, der sich vorgenommen hatte, seine Zauberkräfte zum Nutzen der braven Kinder einzusetzen. Brave Kinder gab es damals überall auf der Welt, vielmehr als heute. Aber der kleine Zauberer, der die ganze Welt bereist hatte, liess sich genau in der Valposchiavo nieder und wählte ein kleines Dörflein, wo die braven Kinder so zahlreich waren, wie die süssen Erdbeeren im Sommer. Das Dörflein bestand aus wenigen, baufälligen Häuschen, die vereinzelt in den Weinbergen standen, die das finstere Alpental, das ganz mit Tannen und Lärchen bewachsen war, im unteren Bereich etwas lieblicher erscheinen liessen. Als Entschädigung für seine Kleinheit trug das Dörflein (bis zum heutigen Tag) einen langen Namen: Campocologno!

Der gute Zauberer liess sich also in diesem Dörflein nieder. Am Abend, wenn die Kinder zu Bett gingen, schlich er durch die wenigen Strässchen und hielt da und dort inne, um durch die niederen Fenster zu spähen und zu sehen und zu verstehen, was die einfallsreichen Kinder für Wünsche hatten. Eines wollte dieses, ein anderes wünschte sich jenes und es war schwierig, sie alle zufrieden zu stellen. Aber nach vier oder fünf von diesen Abendspaziergängen, fand der Zauberer den Weg, um alle Kinder des kleinen Dorfes glücklich zu machen. Alle wünschten sich nämlich – wenn auch das eine etwas mehr, das andere etwas weniger – ein schneeweisses Rösslein. Und zwar eines, das lebt! So dass man bequem auf seinen Rücken springen, es anspornen und an den Feiertagen auf ihm reiten konnte, ein Kind zum weit entfernten Kirchlein, ein anderes in den Wald, ein drittes zum Maiensäss und ein viertes zum See. Jedes Kind hatte seinen Lieblingsort, den es ohne grosse Anstrengungen erreichen und von dem es auch wieder bequem zurückkehren wollte. Oben bei der

Kirche lebten die Klosterbrüder, denen die Kinder am Herzen lagen und die sie mit allen erdenklichen Leckereien beschenkten. Im Wald gab es Erdbeeren und Heidelbeeren in Hülle und Fülle. Auf den Maiensässen schien die Sonne und die Luft war frisch und der See war das Beste am ganze Tal mit seinen Schiffchen für Ausfahrten und den Fischen für die Angeln und den Bergen rund herum, die sich im Wasser spiegeln.

Nun könnt ihr euch vorstellen, wie die Kinder sich freuten und herumsprangen, als sie am Morgen eines Feiertags aus der Kirche kamen, noch vom Glanz des Gebets umgeben, und auf dem kleinen Kirchplatz das kleine weisse Rösslein ihrer Träume stehen sahen. Das Tier war weiss wie Wolle und etwa so gross wie ein Kälblein. Es war wunderschön und niemand wusste, woher es gekommen war, um alle Kinder glücklich zu machen. Diese umkreisten das Rösslein sogleich, die Kleinen klatschten die Hände vor Freude und die Grösseren streichelten das weiche, weisse Fell.

Schliesslich getraute sich ein Kind, ihm auf den Rücken zu springen. Das Rösslein weitete die Nüstern, wieherte laut, scharrte mit den Hufen, wie es die Pferde tun, wenn sie Anlauf nehmen, und galoppierte los, schnell wie der Wind in Richtung des Dorfes. Nur einen Augenblick später war es schon wieder zurück. Ein anderes Kind sprang im auf den Rücken und das Pferd galoppierte weg, wie zuvor. Und so ging es hin und her bis es in wenigen Minuten alle Kinder nach Hause gebracht hatte.

Von dem Tag an war das Rösslein immer bei den Kindern. Es nahm an ihren Spielen teil und an ihren Launen und wurde zu ihrem kleinen Diener. Es reichte, dass ihm ein Kind auf den Rücken sprang und sagte: «Bring mich da hinbring mich dorthin!» und das Rösslein trug sie, wohin sie wollten.

Der liebste Ausritt sowohl der Knaben als auch der Mädchen führte jedoch immer zu der Kirche der Mönche. Entlang der kleinen Strasse, die zunächst zum Bach hinab führte und dann in engen Kurven wieder durch die Weinberge bis zum Kloster von Santa Perpetua anstieg und von Brombeerund Himbeersträuchern gesäumt war, vollbrachte das Rösslein Kunststücke, die seine kleinen Reiter staunen liessen. Das Lieblingsspiel ging so: Wenn das Rösslein den Vorhof der Kirche erreicht hatte, streckte das kleine Tier seine unruhigen Beinchen, erhob sich in die Höhe, als hätte es Flügel bekommen, und man konnte meinen, dass es die Kinder gegen die gewölbte Kirchendecke drücken wolle. Aber den Kindern im Sattel schien es, dass sich alles gegen den Himmel zu bewegte: Das Gewölbe des Vorhofs wurde weiter und höher und die Aufwärtsbewegung war wie eine Fahrt ins Paradies. Ja, es gab sogar einige Mädchen, die braver und frommer waren als die anderen, die sagten, dass sie da oben unter dem Gewölbe eben genau das Paradies gesehen hätten mitsamt dem Lieben Gott, der Maria und den Engeln.

Aber dieses schöne Leben sollte nicht lange dauern. Denn diese Schlingel wurden nicht etwa braver, sondern hatten immer neue Wünsche und wollten Dinge, die kein Vater und keine Mutter je zugelassen hätte. Schon bald wollte sich einer nach Rom bringen lassen, ein anderer sogar nach Amerika und ein dritter wollte um die ganze Welt reisen. Wenn immer das arme weisse Rösslein solche Befehle hörte, von denen es wusste, dass

es sich nur um Launen und um Ungehorsam handelte, tat es so, als sei es taub und bewegte sich nicht. Also begannen die undankbaren Kindern es zu schlagen, am Schwanz und an der Mähne zu ziehen und plagten es mit Spott und Bosheiten, wie sie nur bösen Kindern einfallen konnten.

Es ist daher kein Wunder, dass das weisse Rösslein eines Tages spurlos verschwand. Die Kinder kamen in Scharen aus der Kirche der Mönche und aber der kleine Vorplatz war leer. Sie warteten einen Tag und noch einen, ein Monat verging und dann ein Jahr, aber das lebhafte Rösslein liess sich nicht mehr blicken. Die Kinder von Campocologno wussten nicht mehr weiter und so fragten sie eines Tages ihre Freunde, die Mönche von Santa Perpetua, weshalb das Rösslein verschwunden sei. Aber auch diese wussten die Antwort nicht. Nur ein alter Mönch lächelte schlau, streichelte sich seinen schönen, krausen Bart und sprach: «Ich weiss, dass das Rösslein geflüchtet ist, weil ihr nicht mehr lieb und brav seid, wie früher und ich weiss, dass das Rösslein wieder kommt, wenn ihr wieder so lieb und so brav werdet wie früher.»

Nun wissen wir nicht, wieviele guten Vorsätze sich die Kinder gemacht haben, um ihren Schatz wieder zu haben. Aber offensichtlich blieben es nur leere Vorsätze, denn der kleine Zauberer liess sich nie mehr erweichen. Und die Knaben und Mädchen warten noch heute vergeblich auf das weisse Rösslein, das vielleicht nie mehr zurückkehren wird.

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